Mit Kiautschou im Titel auf falscher Spur


Manchem mag es nicht bekannt sein: die Stadt Kiautschou hat zwar der Bucht von Kiautschou den Namen gegeben, lag aber außerhalb des deutschen Pachtgebietes innnerhalb einer neutralen Zone in China. Hier stelle ich zwei besondere Bücher vor, deren Titel also erst einmal auf eine falsche Spur führen, denn es geht streng genommen um kein deutsches Einflussgebiet.

Der kleine Ko aus Kiautschou von Marie Meurer, Beyer Verlag Langensalza, 1903

Das Kinderbuch mit einer Geschichte in Reimen ist gar nicht so selten. Da sich aber hier die vielen Sammler von Kinderbüchern treffen, gehen die Preise für das Buch regelmäßig in irrwitzige Höhen. Interessant ist, daß hier Text und auch die Illustrationen von einer Frau stammen. Erzählt wird die Geschichte des Jungen Ko, der die liebenden Eltern verlässt und durchbrennt. Das rächt sich bitter, denn Ko landet bei einem Wanderzirkus, wo es ihm schlecht ergeht. Nach Jahren der Wanderschaft flieht er und kommt bei einem Fächermaler unter, nun zwar aus der Sklaverei entkommen, aber ohne Chance zu den Eltern zurück zu kehren, da er keine Papiere hat, um nach China einzureisen. Schließlich schreibt er seinen Eltern, die sich an den Kaiser von China wenden und für Ko einen Pass ausgestellt bekommen, mit dem er endlich heimkommen kann.

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as deutsche Pachtgebiet spielt in der Handlung keine Rolle. Nur in einer Zeile wird erwähnt, daß dem unvernünftigen Ko „eine deutsche Rute“ gut getan hätte. Hier eine Auswahl von sechs der 10 farbigen Bilder.

 
 
 

Die Flüchtlinge von Kiautschou von Ernst Neumann,
Bardtenschlagers Verlag, Stuttgart 1900


Beim Titel habe ich an deutsche Flüchtlinge nach der japanischen Besetzung 1915 gedacht. Weit gefehlt! Die Handlung spielt nicht im Weltkrieg 1915, sondern viel früher, in der Zeit der Besitzergreifung des Pachtgebietes 1898 nach der Ermordung der Steyler Missionare. Dies ist schon speziell. Die Masse der Bücher zu Deutschen in China spielt entweder zur Zeit des Boxeraufstandes oder später bis zum Weltkrieg.
Das Buch teilt sich in zwei Abschnitte. Einmal die eigentliche Geschichte und einen Anhang „Kulturgeschichtliches aus China“, der in einer zweiten Auflage aktualisiert wurde, die ein neues Titelbild bekommen hat.
Die Geschichte handelt vom deutschen Kaufmann Gerber, eigentlich tätig in Schanghai, der sich zur Zeit der Unruhen in Tsi-Nan (heute Jinan) befindet - unglücklicherweise ist grad seine Frau bei ihm. Als sein Laden vom Mob gestürmt wird, flüchtet er mit Hilfe der chinesischen Pflegetochter Marie. Die drei erleben eine gefährliche und anstrengende Reise, ständig bedrängt von Verfolgern, durch einen parteiischen Richter eingekerkert und von korrupten Mandarinen im Stich gelassen. Endlich erreichen sie mit Hilfe eines englischen Kaufmanns die Küste mit der Stadt Kiautschou. Dort schaffen sie es das deutsche Landungskorps in Tsingtau zu informieren. Admiral Diederichs höchstpersönlich schickt einen Zug deutscher Seesoldaten nach Kiautschou und befreit alle aus der bedrohlichen Lage.
Das Buch hat nur wenige Bilder eines ungenannten Illustrators. Ein chinesischer Mandarin in seiner Sänfte auf dem Einband, einen knieenden chinesischen Astronomen, Marie begrüßt Herrn und Frau Gerber als sie aus dem Kerker befreit werden und ein Bild im Anhang zum chinesischen Laternenfest. Bemerkenswert ist die tadellose Kleidung und perfekte Frisur von Frau Gerber nach der Kerkerhaft…

 
 

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