Bei
der Beschäftigung mit Grafiken zur deutschen Kolonialgeschichte
stößt man auf Serien von Bildmarken und die Zeitung der deutschen
Kolonial-Liga. Da fragt man sich, was das für eine Organisation war?
Es
sind kaum Informationen über die Kolonial-Liga verfügbar – bisher
nicht einmal ein mickriger Eintrag in der Wikipedia. Leider
beschäftigt sich die Mehrheit von Kolonialhistorikern und
Geschichtsstudenten lieber mit ausgelutschten Themen, bei denen
längst Regelmeter an Sekundärliteratur zur Verfügung stehen und aus
denen man abschreiben kann. Wirklich neue Informationen über
„schwarze Löcher“ der Kolonialgeschichte, die einen Doktortitel wert
wären, werden viel zu selten erarbeitet.
Ich
wurde bei Markus Seemann „Kolonialismus in der Heimat:
Kolonialbewegung, Kolonialpolitik und Kolonialkultur in Bayern
1882-1943“ (Ch. Links-Verlag, Berlin 2011) fündig, der dankenswert
in einigen Absätzen die Information aus dem Bundesarchiv
zusammengefasst hat.
Nach
Seemann wurde die Deutsche Kolonial-Liga 1927 durch den bayerischen
Offizier und Monarchisten Josef Mayer-Koy in München gegründet. Im
Gegensatz zur eher bildungsbürgernahen Deutschen
Kolonial-Gesellschaft (DKG), zielte die Kolonial-Liga auf die
Kolonialpropaganda unter Arbeitern. Als wichtiges Werkzeug dazu
wurde eine Illustrierte ersonnen: die Illustrierte Kolonial-Zeitung
(IKZ). In der eigenen Werbung fordert die Kolonial-Liga die
Schaffung von Wirtschaftskolonien - ohne auf die Rückgabe der
verloren Kolonialgebiete zu verzichten. Bemerkenswert ist die
Forderung auf wirtschaftliche, soziale und kulturelle Reformen in
der Kolonialpolitik unter Betonung der Interessen der Eingeborenen.
Die
Inhalte der IKZ weichen vom Muster der Deutsche Kolonial-Zeitung (DKZ)
ab. Auffällig sind, daß die Themen geographisch viel weiter, nicht
eher auf deutsche Kolonialgebiete fixiert sind, wie in der DKZ und
die (katholische) Mission spielt eine große Rolle. Seemann erwähnt,
daß Mayer-Koys Verhältnis zur DKG distanziert war. Ob nur aufgrund
unterschiedlicher Auffassungen zur Kolonialpropaganda oder ob hier
auch die übliche Rivalität zwischen Bayern und Preußen eine Rolle
spielte, bleibt unklar.
Die
Zeitung erschien im Münchener Askari-Verlag und besticht durch eine
deutlich bessere Qualität bezüglich Papiers und Layout, als die DKZ
– zumindest die ersten beiden Jahrgänge. Zweifellos wurde da nicht
gespart, allein die hochwertigen Titelillustrationen von
Künstlerhand fallen auf. Hier müssen mehrere finanzstarke
Unterstützer im Boot gewesen sein.
Bibliographische
Informationen zur IKZ und deren Erscheinungsdaten sind oft falsch
und unvollständig. Vermutlich, weil die Ausgabennummern völlig
chaotisch erscheinen. Ich habe hier recherchiert und habe folgende
Daten ermitteln können:
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Inzwischen
hatte sich die Kolonial-Liga auch in „Verein für deutschen Aufbau
über See“ umbenannt und den Sitz von München nach Dresden verlegt.
Dies alles deutet darauf, daß Mayer-Koy Unterstützer und Mitstreiter
verloren hatte, was sich auch finanziell auswirkte. Ein weiterer
Hinweis auf den Niedergang seines Vereines ist die Vorbereitung
eines Anschlusses an den liberal und sozialdemokratisch geprägten
„Bund für koloniale Erneuerung“, wozu es dann im Zuge der
„Gleichschaltung“ der Kolonialorganisationen durch die
Nationalsozialisten 1933 im Reichskolonialbund aber nicht mehr kam.
Doch
nun zu einigen der sehenswerten Titelseiten. Die Auswahl von 6 war
nicht einfach. Vertreten sind die Künstler Hermann Frobenius, Angelo
Jank, Otto Dill, Alfred Greiner und Willi Kohl. |