Kaufhaus Israel - Album 1901 „Die Deutschen Kolonien“
Arne Schöfert

Das Kaufhaus Nathan Israel am Alexanderplatz, gegenüber dem Roten Rathaus, gehörte im Berlin des Kaiserreiches zu den größten Warenhäusern der Stadt. Im Jahre 1914 hatte das Haus nach mehreren Erweiterungen sechs Etagen, 304 Meter Frontfläche, eine Grundfläche von fast 10 Hektar, nahm damit fast 1/6 der Fläche des Nikolaiviertels ein, verfügte über eine Verkaufsfläche von 5.000 m², hatte über 2.000 Angestellte und gehörte bis zur Zeit des Nationalsozialismus zu den führenden Warenhäusern Berlins.
 
1939 wurde der letzte jüdische Inhaber, Wilfried Israel, im Zuge der „Arisierung“ gezwungen sein Geschäft zu verkaufen. 1943 starb er bei einem
Flugzeugabsturz. Im gleichen Jahr wurde das Berliner Kaufhaus im Bombenhagel völlig zerstört.
(Nähere Infos und Details zur Geschichte siehe Wikipedia)


A
b 1901 bis 1914 brachte das Kaufhaus im Eigenverlag eine Reihe von Jahres-Almanachen heraus. Die Jahrbücher teilten sich in ein jährlich neues Thema, wozu immer ein angesehener Fachautor verpflichtet wurde und einen Kalenderteil mit Werbung für die Kaufhausaktionen des Jahres.
 

Jahr   Titel
1901  Die Deutschen Kolonien
1902  Unser Kaiserhaus
1903  Deutschland zur See
1904  Gross-Berlin
1905  Eine Weltreise
1906  Das Theater
1907  Die Erziehung im XX. Jahrhundert
1908  Unter und über der Erde
1909  Führende Geister der Gegenwart
1910  Die Frau und ihre Welt
1911  Von der Sänfte bis zum Aeroplan
1912  Die Hygiene im Wandel der Zeiten
1913  Die Frau im Jahrhundert der Energie
1914  Arbeit und Erholung
 
Obwohl es sich um Werbegaben handelte, die vermutlich umsonst oder gegen eine geringe Gebühr verteilt wurden, hat das Kaufhaus nicht an der Ausstattung gespart. Die Bücher haben geprägte, aufwendig illustrierte Einbände, zahlreiche Fotos und farbige Illustrationen.
 
1901 
Die Deutschen Kolonien
1902
Unser Kaiserhaus
1903
Deutschland zur See
 

In der Natur der Sache liegt, daß solche Werbe-Kalenderbücher selten pfleglich behandelt und aufgehoben wurden - so gut sie auch gemacht waren. So wurde oft der Kalenderteil mit Terminen und Haushaltsausgaben beschrieben, das Buch von Kinderhand bekritzelt und irgendwann einfach weggeworfen. Weiterhin sind die Bindungen nicht für die Ewigkeit gemacht und häufig sind angebotene Exemplare neu eingebunden.
Heute sind wirklich gut erhaltene, unbeschriftete Exemplare äußerst selten zu bekommen. Tadellose, verlagsfrische Alben praktisch nicht. Die Bücher mit typischen Frauen- und Familienthemen sind weniger gefragt, aber bei Militär, Kolonien und Technik wird es teuer. So kommt es, daß heute speziell die Alben zu den Kolonien (1901) und zur Marine (1903) selbst im mangelhaften Zustand(!) nicht unter 150 Euro zu bekommen sind.

Für den Kolonialinteressierten ist das erste Album von 1901 wichtig: „Die Deutschen Kolonien“ mit dem Text von Gustav Meinecke, seinerzeit Direktor des deutschen Kolonial-Museums und langjähriger Redakteur der Deutschen Kolonialzeitung. Von den 148 farb- und schwarzweiß Bildern sind die meisten aus anderen Publikationen übernommen. Die aufwendigen Illustrationen zu den Kapitelanfängen, praktisch gemalte Kapitäle, sind aber extra gestaltete, echte Schmuckstücke.
Selbst die Werbung im Kalenderteil für die Monatsaktionen des Kaufhauses sind graphische Kostbarkeiten. Einige Beispiele werden am Schluß vorgestellt.

An prominenter Stelle, im Vorsatz, ist eine Grafik, die Kaiser Wilhelm II. selbst gemalt hat. Ab und an versuchte „S.M.“ sich ja mit zweifelhaftem Erfolg an der Bildnerei. Seine Marinetabellen in graphischer Form, Uniformskizzen oder Vorlagen für Berufsmaler dürften bekannt sein. Wo auch immer die Stärken des letzten Kaisers lagen – in der Malerei sicher nicht.

Das Bild des symbolischen deutschen Ritters, mit Überhang, der an die Kaiserstandarte erinnert und moderner Kreuzerflotte im Hintergrund, ist aus dem Buch von Georg Franzius „Kiau-Tschou“ (ca. 1898) bekannt. Es versinnbildlicht die Besitzergreifung „neuen Landes“ durch das Setzen der deutschen Flagge am fremden Strand.

 

 "Wo ein deutscher Mann in treuer
Pflichterfüllung für sein Vaterland
fallend begraben liegt, und wo der
deutsche Aar seine Fänge ins Land
geschlagen hat, das Land ist deutsch
und wird deutsch bleiben!"

 
Andere Bilder im Buch sind von weniger prominenten Personen, aber namhaften Künstlern:
 

 

 

 

Emil Richard Rucktäschel

„Deutsche Expedition unter Kommando des Oberleutnant von Massow passiert das Felsenthor Aledjo-Katara“

 

 

 

 

Wilhelm Kuhnert

„Dorf Dyirum –
Angriff der Kolonne“

 

 

 

 

 

 

 

Karl Oenike

„Flaggenhissung zu Mulinuu auf
Samoa am 1.März 1900“

 

 

 

 

Willy Stöwer

„S.M. Kanonenboot „Iltis“ im
Gefecht mit den Taku-Forts“

 
Richard Knötel

„Deutscher Freiwilliger der China-Expedition“

Dieses Bild gab es in farbiger Version als Uniformbogen. Dort mit Beschriftung „Soldat des deutschen ostasiatischen Expeditionskorps“

 

Zwei Beispiele von Kapitel-Einleitungen

 
Und Beispiele der Werbungen für die monatlichen Schwerpunktaktionen des Kaufhauses

 

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