Mataafa, Hoher Häuptling von Kaisers Gnaden


 

Über die „Samoa-Unruhen“, die Streitereien und Intrigen der imperialen Mächte, der ganzen wechselhaften Geschichte bis zur Errichtung der deutschen Kolonialherrschaft ist bereits mehrfach berichtet worden. Hier soll es um eine besondere Grafik gehen, die praktisch den Endpunkt dieser Phase darstellt: die Eidesleistung der samoanischen Häuptlinge am 14. August 1900. Die deutsche Flagge war bekanntlich bereits am 1. März 1900 gehisst worden.

 

Über den Status des (ehemaligen) Königs Mataafa ist zu sagen, daß er unter der deutschen Herrschaft nicht mehr König war, sondern ersatzweise zum Hohen Häuptling („Alii Sili“) ernannt wurde, da die Königswürde abgeschafft wurde. Der König von Bayern bekam also keinen neuen „Kollegen“ im Reich. So genau unter-schieden die Zeitungsberichte damals allerdings nicht.
Der Stich ist im „Buch für alle“ in schwarzweiß erschienen. Die hier gezeigte kolorierte Version ist extrem selten.

 
Die Eidesleistung der Häuptlinge von Deutsch-Samoa

Nach der Besitzergreifung der Deutschland zugefallenen Samoainseln Upolu und Savaii, die amtlich am 1.März 1900 durch die mit großer Feierlichkeit stattgefundenen Heissung der der deutschen Flagge bei der Hauptstadt Apia verkündigt wurde, war es die Hauptaufgabe des Gouverneurs Dr. Solf, bei der Neuordnung der Dinge durch kluges, schonendes Vorgehen jede Verletzung des Selbstbewußtseins der eingeborenen Häuptlinge zu vermeiden, und sie zu veranlassen, sowohl ihre gegenseitigen Eifersüchteleien und Rangstreitigkeiten, sowie den Anspruch auf die samoanische Königswürde fallen zu lassen. Dies ist ihm nicht ohne große Schwierigkeiten gelungen.

Die Lösung der wichtigen, für die Erhaltung des Friedens und die Weiterentwicklung Deutsch-Samoas ausschlaggebenden Fragen erfolgte in der Weise, daß man die Selbstverwaltung der eingeborenen Bevölkerung durch die angestammten Häuptlinge zugestand, und letztere sich verpflichteten, den deutschen Behörden, vertreten durch den Gouverneur, und den deutschen Gesetzen getreulich Folge zu leisten. Nachdem die Verhandlungen so weit gediehen waren, konnte am 14.August 1900 die öffentliche Vereidigung der Häuptlinge von Deutsch-Samoa stattfinden.

Die Feierlichkeit ging bei Apia unter freiem Himmel vor sich. An der Spitze der samoanischen Selbstverwaltung steht der ehemalige König Mataafa, der unter dem Titel Le Alli Sili zum Oberhäuptling gewählt wurde. Ein Rat von angesehenen Eingeborenen unterstützt ihn. Die einzelnen Bezirke der Insel werden durch Häuptlinge verwaltet, die den Titel Taitai Itu führen. Für die Aufrechterhaltung der Ordnung in den einzelnen Dörfern sorgen Dorfschulzen, Pulu Run genannt. Außerdem ist ein eingeborenes Polizeicorps gebildet. Nachdem der Gouverneur Dr. Solf von einer kleinen Rednerbühne herab die versammelten Häuptlinge begrüßt und auf die Bedeutung der Zeremonie aufmerksam gemacht hatte, hielt der Bischof Dr. Broyer eine Ansprache, und dann trat als erster Alli Sili Mataafa herzu, legte die Linke auf die von dem Gouverneur und dem Vizegouverneur Konsul Knipping gehaltene Reichsflagge, hob die Rechte zum Schwur und wiederholte den ihm vorgesprochenen Huldigungs- und Gehorsamseid. Ihm folgten die Häuptlinge der Bezirke. Zum Schluß der Feier sangen die links auf unserem Bilde sichtbaren eingeborenen Mädchen der Paputa-Schule, die weiß gekleidet mit roten Blumenkränzen im Haar zu der Feierlichkeit erschienen waren, ein Lied in deutscher Sprache nach der Melodie: "Deutschland, Deutschland über alles". Die Feierlichkeit machte allerdings einen sehr würdigen Eindruck. Mit ihr haben nunmehr die seit Jahren von Parteikämpfen zerrütteten Verhältnisse auf diesen Südseeinseln wieder einer festen, gesetzlichen Ordnung Platz gemacht, und die Folgen können für die Entwicklung jener kleinen, aber durch Klima und Boden so wertvollen Eilande nur die günstigsten sein.


("Das Buch für Alle", Heft 8, 1900)
 
In Ergänzung zu diesem Stich noch zwei kurze Zeitungsberichte im unmittelbaren Zusammenhang:
 
Eine samoanische Urkunde

Am 14. August ist vom kaiserlichen Gouverneur Dr. Solf in Mulinuu dem Samoanerhäuptling Mataafa die Urkunde feierlich überreicht worden, durch die er als „Hoher Häuptling“ bestallt wird. Die Urkunde, deren Faksimile wir hierneben bringen, besagt u. a. der Titel „Alii Sili“ (d.i. hoher Häuptling) sei ihm in Erwartung verliehen worden, daß er sich durch Bezeigung der größten Treue gegen Kaiser und Reich auszeichnen werde.

Übersetzung der Urkunde ins Deutsche:

Auf Befehl Sr. Majestät Kaiser Wilhelm II. höchsten Königs in Deutschland, also auch höchsten Königs über Samoa, welcher ein Zeichen seiner Gnade an Mataafa senden will, wird Mataafa eingesetzt als „Hoher Häuptling“. Dieser Titel wird ihm verliehen in Erwartung, daß der hohe Häuptling sich auszeichnen wird durch Bezeigung der höchsten Treue gegen die kaiserliche Regierung.
Auf Befehl (gez.) Solf, kaiserlicher Gouverneur, Mulinuu. 14.August 1900

(„Die Woche“ , Bilder vom Tage, Nummer 43/1900, Seite 1889)
 
König Mataafas Häuptlingsstab

Der erprobte Freund Deutschlands auf Samoa hat von Kaiser Wilhelm II ein ebenso kostbares als eigenartiges Geschenk erhalten. Es ist ein mit hellem Roßhaarschweif versehener Häuptlingsstab aus Ebenholz, der reiche Verzierung in getriebenem Silber aufweist. Am oberen Ende ist ein Ornament von Lorbeerranken zwischen glatten Federn; darunter schlingt sich ein mit farbigen Steinen geschmücktes Band. In der Mitte des Stabes sieht man das kaiserliche Monogramm und darüber die Krone. Der reich getriebene Griff ist von edler Wirkung und weist als Ornament eine stilisierte Eiche mit Wappen des Kaisers im Laube auf. Die Widmung des von Bildhauer und Ziseleur Otto Rohloff, Lehrer am Kunstgewerbemuseum in Berlin, angefertigten Stabes lautet ins Deutsche übersetzt: „Dieses Geschenk widmet Seine Majestät der Kaiser dem hohen Häuptling Mataafa“. Die Überreichung des Stabes wurde durch den Gouverneur von Samoa Dr. Solf feierlich vollzogen.

("Die Gartenlaube" – Illustrirtes Familienblatt" von 1901, Heft Nr. 4, S. 3)
 

Auf der Facebook-Seite des Museums von Samoa wird ein Foto von Mataafa mit dem ikonischem Häuptlingsstab gezeigt. Dort werden Leser gebeten Hinweise zum Verbleib zu geben. Somit gilt der Stab, den man als Zepter eines Königs ansehen kann, als verschollen.

 

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