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Das Scheitern der
Meyer-Baumann Expedition 1888
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von Arne Schöfert |
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gibt wohl kaum einen Mann, der nicht den Wunsch hat, etwas in seinem
Leben zu schaffen, das ihn überlebt. Etwas was an ihn erinnert, was
ihm eine Aura von Unsterblichkeit verschafft. Zumeist erledigt sich
das in Kindern, einem Hausbau oder auch der Gründung eines
Betriebes. Doch irgendwann bleiben dann meist nur der Name im
Stammbaum und verblasste Familienfotos, ein zerfallenes Haus, das
mehrfach der Besitzer gewechselt hat oder ein aufgelöstes
Unternehmen. Tatsächlich erinnern wir uns nur an Künstler, die Werke
voller Schönheit geschaffen haben, Wissenschaftler die Grundlegendes
entdeckt haben, herausragende Politiker und Entdecker, die zum
ersten Mal irgendwo gewesen sind. Die Möglichkeit sich als
Massenmörder oder Attentäter Unsterblichkeit zu verdienen, vergessen
wir besser, denn die sollte man eher schnell vergessen, als sich
überhaupt ihren Namen zu erwähnen…
Die
Möglichkeit als Entdecker „unsterblich“ zu werden, ist unser
Generation heute praktisch verschlossen. Im 19.Jahrhundert war das
anders, als die Landkarten noch viele weiße Flecken besaßen.
Dr.
Hans Meyer (1858 – 1929) war so ein Mann. Sein Ziel: den
Kilimandscharo erforschen und ihn als erster zu besteigen. Er
brachte dazu die besten Voraussetzungen mit: intelligent, jung,
gesund und von Geburt an so wohlhabend, daß er die Expeditionen
selbst finanzieren konnte. Beim ersten Versuch hatte er die falsche
Ausrüstung dabei, der zweite Versuch scheiterte in den Wirren des
Araberaufstandes, aber die Hartnäckigkeit Meyers brachte ihn
schließlich im dritten Anlauf am 6.10.1889 auf den Gipfel des
Berges.
Die
vorliegende Grafik aus der Illustrirten Zeitung Nr. 2378 vom
26.01.1889 veranschaulicht den Moment des Scheiterns der zweiten
Expedition, die Meyer zusammen mit
Oskar Baumann begonnen hatte. Der
stimmungsvoll ausgeführte Stich des Malers Fritz Waibler hat damals
sicher die Betrachter gefesselt und zu einem gruseligem Schauer über
die Schrecken des dunklen Afrikas geführt…
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Der Überfall
der Afrikareisenden Dr. Hans Meyer und Dr. Baumann bei Pangani
in Ostafrika
Der
Aufstand in Ostafrika wüthet nunmehr fünf Monate. Der dortige
große Besitz der Ostafrikanischen Gesellschaft ist zerstört (die
Gesellschaft gibt selbst den Verlust auf etwa 650.000 Mark an),
die Deutsche Plantagengesellschaft hat ihre blühende Station
Leva verloren, viel Privateigentum ist eingebüßt, einige
Deutsche sind getödtet, alle Angesessenen vertrieben und die
Forschungsexpedition des Afrikareisenden Dr. Hans Meyer
vernichtet.
Dr.
Hans Meyer hatte nach seiner im Sommer 1887 ausgeführten
Kilimandscharoreise im Sommer 1888 eine zweite Expedition in
großem Stil ausgerüstet, um über Kilimandscharo und Massailand
in das mittlere centralafrikanische Seengebiet vorzudringen.
Gemeinsam mit dem bekannten österreichischen Congoreisenden Dr.
Oskar Baumann führte Meyer seine 230 Mann starke Karawane dem
Ziel zu, mit einem Theil derselben auf neuer Route das Bergland
Usambara durchziehend. Durch Verrath wurden jedoch die beiden
Reisenden vor Erreichung des Kilimandscharo von sämtlichen
Leuten verlassen und sahen sich deshalb gezwungen, zur Küste
zurückzukehren.
Bevor sie indeß den Küstenplatz Pangani erreichen vermochten,
wurden sie von Sendlingen des Araberscheichs Buschiri
überfallen, misshandelt, in Ketten geworfen und erst gegen hohes
Lösegeld freigegeben.
Den
Moment des Überfalls, welchen wir auf unserem Bilde darstellen,
erzählt Dr. Meyer in einem der Gesellschaft für Erdkunde in
Berlin gehaltenen Vortrage folgendermaßen:
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„Ich saß vor der
Hütte auf einer Bank und schaute nach dem Boot hinüber. Da wurde
ich mit einem mal von hinten umfaßt und zu Boden geworfen. In
demselben Augenblick stürzten sich etwa ein Dutzend Kerle auf
mich, schnürten mir die Kehle zu, knieten mir auf die Brust und
hielten unter unbeschreiblichem Tumult meine Arme und Beine. In
weniger als einer Minute war alles, was ich am Leibe trug,
abgerissen, als ich mich aufrichten wollte, erhielt ich mit
einer Keule einen wuchtigen Hieb und stürzte bewußtlos nieder.
Als ich wieder zu mir kam. War man grade dabei mir um den Hals
einen schweren Eisenring zu legen, der mich mittels einer Kette
an Dr. Baumann fesselte, dem es ähnlich wie mir ergangen. Wir
wurden beide mit Füßen getreten und unter Gewehrkolbenstößen in
ein dunkles Gelaß gestoßen, während unsere Leute aller Sachen
beraubt und dann fortgejagt wurden. Etwas Nahrung brachte uns
eine alte Negerin. Von ihr erfuhren wir auch, daß wir in den
Händen des Arabers Buschiri seien, der den ganzen Aufruhr
angeregt hatte und ihn auch leitete. Am Morgen des vierten Tages
drängte sich endlich eine Schar Bewaffneter in unser Gefängnis,
geführt von Buschiri selbst, einem Manne von etwa 45 Jahren. Er
erklärte uns, er habe uns gefangen nehmen lassen, weil er keine
Europäer mehr in Ostafrika dulden wolle, doch habe er einen
indischen Geschäftsfreund aus Pangani mitgebracht, mit dem ich
mich über ein Lösegeld verständigen möge. Gelänge eine solche
Verständigung nicht, so werde er noch in derselben Stunde mir
den Hals abschneiden lassen. Natürlich war unter diesen
Umständen die Verständigung sehr bald erfolgt. Ich unterschrieb
einen Check mit einer beträchtlichen Summe auf Sansibar, worauf
der Indier nach Pangani zurückkehrte. Buschiri nahm uns
inzwischen die Ketten ab und hieß uns nunmehr mit arabischer
Höflichkeit willkommen. Den ganzen Tag über brachten wir im
Gespräch mit ihm zu. Er zeigte sich überraschend orientiert über
alle Vorgänge, namentlich auch über die im Sudan. Es stellte
sich hierbei auch heraus, daß Buschiri es gewesen, der von
Anfang an der Expedition Schwierigkeiten bereitet hatte. Gegen
Abend brachte der Indier das Geld herbei, worauf Buschiri uns
selbst in seinem Boote nach Pangani begleitete. Dort tobte der
Aufruhr in hellen Flammen. Neger und Araber durchzogen in Trupps
mit tollem Lärm die Stadt, und wir, die wir im Steinhause
Buschiris eingeschlossen waren, mußten hören, wie draußen die
Neger nach dem Leben der
gottverfluchten
Wadaschi (Deutschen) schrien. Nach einigen Stunden wurden wir
auf Schleichwegen in das Haus das Indiers gebracht, und am
frühen Morgen erreichten wir unter mancherlei Gefahren ein Boot,
das uns, die wir noch umsaust wurden von den Kugeln der Neger,
nach einem in der Nähe liegenden Dampfer des Sultans brachte.
Zwei Tage später waren wir in Sansibar, und erst hier erfuhren
wir die Einzelheiten des Aufstandes.“
Trotz dieser bittern Erfahrungen beabsichtig Dr. Meyer, sobald
sich die Verhältnisse gelöst haben, nochmals nach Ostafrika zu
gehen, um sich der erneuten Erforschung des Kilimandscharo und
des Kenia zu widmen.
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