Wer
sich mit Schulwandbildern aus der Kaiserzeit beschäftigt, wird
unweigerlich auf Bilder stoßen, zu denen kein Begleittext für den
Unterricht zu finden ist. Das mag entweder daran liegen, daß diese
verschollen, bzw. einfach nicht erschlossen worden sind. Es kann
aber auch daran liegen, daß das Bild gar kein Schulwandbild im
eigentlichen Sinn ist, sondern zur Gruppe des künstlerischen
Schulwandschmuckes ohne Begleittext gehört. Hier ging es nicht um
fachliche Aspekte auf dem Bild, sondern um die ästhetische Art der
Darstellung.
Ende
des 19.Jahrhunderts entstand eine Bewegung im Deutschen Reich, die
forderte, daß die Kinder engeren Kontakt zur Kunst bekommen sollten.
Obwohl sich das erst einmal ehrenwert und gut anhörte, gab es über
die tatsächliche Ausführung viel Diskussion und offenen Streit. Da
waren Pädagogen, die von Ablenkung im Unterricht sprachen oder
befürchteten, daß die Kinder von „falscher Kunst“, wie dem
Impressionismus und anderen modernen Stilrichtungen verdorben und
fehlgeleitet werden könnten, denn diese waren für sie Ausdruck
großstädtischer Dekadenz. Sie tendierten zur klassischen Kunst.
Einige Künstler wiederum waren entrüstet über eine
„Proletarisierung“ ihres Werkes. Die Politik forderte ihrerseits
Darstellungen, die die Jugend zur gewünschten Einstellung zu Volk
und Nation erzogen. Selbst über rein technische Aspekte wie das
Druckverfahren wurde gerungen, denn einfache, billige Drucke, die
Farben und Stimmung nicht gut wiedergaben, erschienen unangemessen.
Die Bewegung wurde also von vielen Seiten, aus ganz
unterschiedlichen Richtungen und Intentionen, eingedämmt, umzäunt
und gemaßregelt.
Verlage
und Künstler versuchten in dieser Gemengelage, die sich spätestens
nach jeder Konferenz laufend veränderte, Ihren Geschäften
nachzugehen. So engagierten Kunstverlage gezielt Künstler, die das
malten, was den aktuellen Anforderungen entsprach, denn das war gar
nicht so einfach. In umfangreichen Katalogen wurden Bilder
angeboten, um die Schulräume zu „verkunsten“…
Bilder
mit typischen Kolonialthemen sind dabei eher selten. Als Beispiel
wird hier das Bild von Carl Becker
„Deutsche Reiter in Südwestafrika“
gezeigt. Es wurde vom R. Voigtländer Verlag (Leipzig) in der Größe
70 x 100 cm für 6,- Mark verkauft. Der Maler ist uns von seinem
schönen Buch
„Deutsche Reiter in Südwest“ bekannt. Die große
Seltenheit dieses Bildes heute, deutet darauf, daß es damals nicht
den Geschmack der Schulen traf. |