Carl Becker „Deutsche Reiter in Südwestafrika“
als Beispiel von künstlerischem Schulwandschmuck


(von Arne Schöfert)

 

Wer sich mit Schulwandbildern aus der Kaiserzeit beschäftigt, wird unweigerlich auf Bilder stoßen, zu denen kein Begleittext für den Unterricht zu finden ist. Das mag entweder daran liegen, daß diese verschollen, bzw. einfach nicht erschlossen worden sind. Es kann aber auch daran liegen, daß das Bild gar kein Schulwandbild im eigentlichen Sinn ist, sondern zur Gruppe des künstlerischen Schulwandschmuckes ohne Begleittext gehört. Hier ging es nicht um fachliche Aspekte auf dem Bild, sondern um die ästhetische Art der Darstellung.

Ende des 19.Jahrhunderts entstand eine Bewegung im Deutschen Reich, die forderte, daß die Kinder engeren Kontakt zur Kunst bekommen sollten. Obwohl sich das erst einmal ehrenwert und gut anhörte, gab es über die tatsächliche Ausführung viel Diskussion und offenen Streit. Da waren Pädagogen, die von Ablenkung im Unterricht sprachen oder befürchteten, daß die Kinder von „falscher Kunst“, wie dem Impressionismus und anderen modernen Stilrichtungen verdorben und fehlgeleitet werden könnten, denn diese waren für sie Ausdruck großstädtischer Dekadenz. Sie tendierten zur klassischen Kunst. Einige Künstler wiederum waren entrüstet über eine „Proletarisierung“ ihres Werkes. Die Politik forderte ihrerseits Darstellungen, die die Jugend zur gewünschten Einstellung zu Volk und Nation erzogen. Selbst über rein technische Aspekte wie das Druckverfahren wurde gerungen, denn einfache, billige Drucke, die Farben und Stimmung nicht gut wiedergaben, erschienen unangemessen. Die Bewegung wurde also von vielen Seiten, aus ganz unterschiedlichen Richtungen und Intentionen, eingedämmt, umzäunt und gemaßregelt.

Verlage und Künstler versuchten in dieser Gemengelage, die sich spätestens nach jeder Konferenz laufend veränderte, Ihren Geschäften nachzugehen. So engagierten Kunstverlage gezielt Künstler, die das malten, was den aktuellen Anforderungen entsprach, denn das war gar nicht so einfach. In umfangreichen Katalogen wurden Bilder angeboten, um die Schulräume zu „verkunsten“…

Bilder mit typischen Kolonialthemen sind dabei eher selten. Als Beispiel wird hier das Bild von Carl Becker „Deutsche Reiter in Südwestafrika“ gezeigt. Es wurde vom R. Voigtländer Verlag (Leipzig) in der Größe 70 x 100 cm für 6,- Mark verkauft. Der Maler ist uns von seinem schönen Buch „Deutsche Reiter in Südwest“ bekannt. Die große Seltenheit dieses Bildes heute, deutet darauf, daß es damals nicht den Geschmack der Schulen traf.

 

 

 

 

 

(Katalogauszug von 1917)  

 
 

 

Als weiterführende Literatur über diese ersten Schritte der modernen Kunsterziehung im Schulunterricht empfehle ich die aufschlussreiche und informative Dissertation von Dr. Ina Uphoff „Der künstlerische Schulwandschmuck im Spannungsfeld von Kunst und Pädagogik – Eine Rekonstruktion und kritische Analyse der deutschen Bilderschmuckbewegung Anfang des 20.Jahrhunderts“ (Würzburg, 2002).

 

Zur Startseite www.reichskolonialamt.de