Rekonstruktion einer Ikone der Kolonialmalerei


(von Arne Schöfert)

 

Eines der wichtigsten und bekanntesten Gemälde zur deutschen Kolonialgeschichte ist Rudolf Hellgrewes Darstellung der Verteidigung von Dar-Es-Salaam während des sogenannten Araberaufstandes 1888/89. Es ist sehr wahrscheinlich in Zusammenarbeit mit August Leue, dem damaligen Bezirkschef entstanden, als dieser 1902 sein Buch „„Dar-Es-Salaam“ schrieb.

Vermutlich war Leue aber nicht der Auftraggeber, sondern die Deutsche Kolonialgesellschaft, bzw. das Deutsche Kolonialmuseum in Berlin, wo mehrere „Schlachtenbilder“ aus den Kolonialkriegen hingen. Nach der Auflösung des Kolonialmuseums verblieb es im Besitz der Deutschen Kolonialgesellschaft und hing im Sitzungssaal des Afrika-Hauses, der Zentrale der DKG in Berlin. Dort blieb es auch, als das Hausschild sich 1933 änderte und der Reichskolonialbund dort seinen Sitz hatte. Seit 1943, als die Räume geleert wurden, fehlt vom Gemälde jede Spur und gilt als verschollen.

Die Kombination aus Thema, Künstler, Provenienz und dem rätselhaften Schicksal gibt dem Bild eine gewisse Aura, die erlaubt von einer Ikone der Kolonialmalerei zu sprechen.

(Deutsche Kolonialzeitung 1938)          

 

 
Abdruck in „Dar-es-Salaam – Bilder aus dem Kolonialleben“ von Hauptmann A. Leue (Süsserott Verlagsbuchhandlung, Berlin 1903)
 

Um das Bild farbig wieder auferstehen zu lassen, mussten einige Sachen geklärt werden, die auf dem schwarz-weiß Bild nicht oder nur schlecht zu erkennen sind. Dazu mußte sich die Malerin ins Bild einfinden…

Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft hatte kürzlich den Küstenstreifen von Deutsch-Ostafrika vom Sultan von Sansibar übernommen. Wegen der Eingriffe in die Rechte der Bevölkerung kam es zu einem Aufstand von Teilen der Einwohner gegen die neuen Herren im Land.

Vorwiegend arabisch- und indischstämmige Händler und Grundbesitzer organisierten die Revolte gegen die Stützpunkte, unter anderem auch in Dar-es-Salaam. Zusammen mit ihren Sklaven und verbündeten Schwarzen griffen sie die Stadt am 31.12.1888 und am 10.1.1889 an und besetzten große Teile. Die Deutschen und sympathisierende Teile der Bevölkerung wurden aus der Stadt bis in die Boma zurückgedrängt. Diese war gerade ausgebaut worden und frisch weiß verputzt. Der Turm hatte Zinnen, aber noch kein Dach. Die Verteidiger beklagten, daß die Schützen auf dem Turm sich gefährlich gegen den blauen Himmel abzeichneten. Am Turm wehte die „Petersflagge“ der DOAG.

Vor der Küste lag der Kreuzer Möwe, die mit Bordgeschützen die Aufständischen unter Feuer nahm und von der Küste fernhielt, um den Eingeschlossenen den Weg zum Strand frei zu halten. Die Angreifer trugen eine zweifarbige Fahne, deren Identifikation auch für spezialisierte Flaggenkundler schwer war. Aufgrund verschiedener Quellen wurde klar, daß die Truppen der verschiedenen, aufständischen Regionalherrscher nicht einheitliche Kriegsflaggen hatten. Grüne Farben des Islam hätte man gedacht, aber überraschenderweise ist eher von ganz weißen Flaggen die Rede, kombiniert mit dem Rot des Sultans von Sansibar. Da eine eindeutige Flaggenbeschreibung der Angreifer von Dar-Es-Salaam nicht gefunden werden konnte, fiel die Entscheidung auf weiß-rot, was sehr wahrscheinlich ist und den Farbtönen des Fotos nahe kommt.

 

 

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